Marieluise Beck

ehem. Mitglied des Deutschen Bundestags

Chodorkowski: Droht ein Schauprozeß?

Zur Vorbereitung eines zweiten Prozesses gegen Michail Chodorkowski in Moskau erklärt Marieluise Beck MdB:

Die neuerliche Anklage der Staatsanwaltschaft gegen den früheren Hauptaktionär der Ölfirma Yukos, Michail Chodorkowski, ist ein juristischer und politischer Skandal. Juristisch, weil sie auf so offensichtlich tönernen Füßen steht, daß Chodorkowskis Verteidiger, der international angesehene Anwalt Juri Schmidt, sie „nur noch absurd und lächerlich“ nennt. Politisch, weil niemand innerhalb und außerhalb Russlands annimmt, dass sie ohne Zustimmung oder gar Anweisung des Kreml zustande gekommen wäre.

Der Vorwurf gegen Chodorkowski und seinen Partner Lebedew lautet, von 1998 bis 2003 ihrem eigenen Konzern Öl im Wert von 19 Milliarden Euro gestohlen zu haben. Das ist mehr, als der Konzern Einnahmen hatte. Träfe der Vorwurf zu, hätte Yukos keine Einnahmen gehabt, die zu versteuern gewesen wären. Steuern in ebenfalls astronomischer Höhe hinterzogen zu haben war aber der Vorwurf, für den Chodorkowski 2005 schon zu acht Jahren Lagerhaft verurteilt wurde. Beide Anklagen schließen sich also gegenseitig aus.

Was immer die Motive der Hintermänner dieses Verfahrens sein mögen: Ziel ist offenbar ein Schauprozeß gegen den längst enteigneten und geschlagenen, aber immer noch verhaßten früheren Milliardär und politischen Gegner Putins. Ob dieser zustande kommt, hängt vom Ergebnis der Anhörung am 3. März ab. Das Gericht hat die Chance einmal mehr zu zeigen, dass die russische Justiz auch unabhängig sein kann dann nämlich, wenn sie die Anklage zurückweist.

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