Marieluise Beck

ehem. Mitglied des Deutschen Bundestags

Antwort der Bundesregierung zur Unterstützung der russischen Zivilgesellschaft durch den Petersburger Dialog

Am 13.und 14. September hat die russische Staatsanwaltschaft in einer konzertierten Aktion von mehr als 30 unabhängigen Menschenrechtsorganisationen Rechenschaft über ihre Tätigkeit verlangt. Mit einer fadenscheinigen Begründung forderten die Beamten die Herausgabe umfangreicher Dokumentationen, darunter Registrierungsunterlagen, Tätigkeitsberichte, Finanzunterlagen.

Unter den betroffenen NGOs waren mehrere langjährige Partner der grünen Bundestagsfraktion und der Heinrich-Böll-Stiftung wie etwa Memorial, die Moskauer Helsinki Gruppe, der russische Zweig von Transparency International, das Zentrum zur Förderung von Demokratie und Menschenrechten sowie die NGO „Golos“, die sich mit dem Monitoring der Wahlen beschäftigt.

Dieses Vorgehen der Staatsanwaltschaft markiert eine weitere Verschärfung im Vorgehen der Behörden gegen die russische Zivilgesellschaft und zeigt, wie das NGO-Gesetz zur Einschüchterung der Aktivisten instrumentalisiert wird. Die Staatanwälte begründeten ihre Aktion mit der Anordnung, die Tätigkeit der Organisationen nach Maßgabe des NGO-Gesetzes zu überprüfen. Laut Amnesty International ist für solche „Überprüfungen“ allein das Justizministerium zuständig.

Probleme des seit 2006 geltenden russischen NGO-Gesetzes, das die Arbeit der Organisationen erschwert und die Eingriffsbefugnisse der Behörden erheblich erweitert, wurden mehrmals im Rahmen des deutsch-russischen Forums Petersburger Dialog, das sich als Forum der Zivilgesellschaften beider Länder definiert, thematisiert. Einige der von den Maßnahmen der Staatsanwaltschaft betroffenen Organisationen nahmen in der Vergangenheit regelmäßig an dieser von der Bundesregierung mitfinanzierten Veranstaltung teil.

Vor diesem Hintergrund befragt Marieluise Beck die Bundesregierung über ihre Möglichkeiten, im Rahmen des Petersburger Dialogs den zunehmendem Druck ausgesetzten zivilgesellschaftlichen Kräften in Russland Unterstützung zu leisten.

Marieluise Beck (Bremen), BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN:

Welche Möglichkeiten sieht die Bundesregierung angesichts des zunehmenden Drucks auf die russische Zivilgesellschaft, welcher durch die bisher präzedenzlose Überprüfung einer großen Zahl führender russischer Menschenrechtsorganisationen durch die Staatsanwaltschaft im September erkennbar wurde, zukünftig im Rahmen des von der Bundesregierung mitfinanzierten Petersburger Dialogs, der sich als Forum der Zivilgesellschaften beider Länder definiert, zivilgesellschaftlichen Kräften in Russland Unterstützung zu gewähren?

Dr. Werner Hoyer, Staatsminister im Auswärtigen Amt

Der Petersburger Dialog ist ein von der Bundesregierung unabhängiges  Dialogforum, das zum Ziel hat, die Verständigung zwischen den deutschen und russischen Zivilgesellschaften zu fördern. Aufgabe der Arbeitsgruppe „Zivilgesellschaft“ des Petersburger Dialogs ist es, sich umfänglich mit den aktuellen Entwicklungen der Zivilgesellschaften in den beiden Ländern zu beschäftigen.  Die Bundesregierung unterstützt projektbezogene Aktivitäten des Petersburger Dialogs finanziell und nimmt als beratender Gast an den Sitzungen des deutschen Lenkungsausschusses teil. Sie hat somit keinen direkten Einfluss auf die personelle Zusammensetzung des Gremiums, die Themensetzung und die Schwerpunkte der Arbeit.

Die Bundesregierung ist davon überzeugt, dass eine funktionierende Zivilgesellschaft das Herzstück einer jeden Demokratie ist. Aus dieser Überzeugung heraus wurde vor 10 Jahren der Petersburger Dialog gegründet. Diese Überzeugung ist auch heute eine der Grundlagen des vielseitigen Dialogs mit der Russischen Föderation.

Defizite in diesen Bereichen werden von der Bundesregierung gegenüber  der russischen Seite regelmäßig angesprochen, sowohl bilateral als auch im Rahmen der Europäischen Union, die mit Russland durch die halbjährlich stattfindenden Menschenrechtskonsultationen einen ständigen Dialog führt.

Der Beauftragte der Bundesregierung für Menschenrechtspolitik, Markus Löning, hat nach seinem Moskau-Aufenthalt vom 21. bis 23. September 2010 die Überprüfung russischer Menschenrechtsorganisationen als Willkür bezeichnet.

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